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14.10.2022

Eurocampus Deutsche Schule auf Mallorca II Expertengespräch mit Alexander Sepasgosarian

Am zweiten Tag der Geschichtswerkstatt am Eurocampus Deutsche Schule auf Mallorca ergänzte Alexander Sepasgosarian die Inhalte der Workshops. Während der bisherige Fokus auf der Geschichte des geteilten Deutschlands im europäischen Kontext lag, verlieh er dem Projekt den lokalen Bezug und erweiterte den Blickwinkel um die spanische Perspektive.


Alexander Sepasgosarian lebt seit vielen Jahren auf Mallorca. Als Journalist für das „Mallorca Magazin", einer deutschsprachigen Wochenzeitung, lernte er verschiedenste Menschen kennen und erfuhr von den außergewöhnlichen Geschichten ihres Lebens. Mehr noch als Journalist, so sagt Sepasgosarian von sich selbst, sei er jedoch Historiker. Als solcher sammelte er jene Lebensgeschichten der Insulaner und veröffentlichte sie in seinem Buch „Mallorca unterm Hakenkreuz". Sein Antrieb für das Projekt sei die Faszination über die Auswirkungen der weltgeschichtlichen Geschehnisse auf den Verlauf einzelner Leben gewesen; Auswirkungen, die zu schier unglaublichen Lebensgeschichten geführt hätten, welche es wiederum zu dokumentieren, ja, festzuhalten galt. „Wie lange hat es gedauert die Geschichten zusammenzutragen?" fragte eine Schülerin der 12. Klassenstufe. Ungefähr 15 Jahre seien es gewesen, so Sepasgosarian, plus einige Jahre des Schreibens. Viele der Menschen, über die er schrieb waren Bürgerinnen und Bürger sowohl Deutschlands als auch Mallorcas, deren Leben durch die verschiedenen globalen Ereignisse und die vielschichtigen Möglichkeiten des 20. Jahrhunderts verändert worden waren.
Bei einem dieser Ereignisse setzte Sepasgosarian im Gespräch mit den Schüler*innen bei der Geschichtswerkstatt an, um von seinen eigenen Erinnerungen zu berichten. Für ihn löste der Mauerfall an Stelle von überschwänglicher Freude und Erleichterung vor allem Unsicherheiten aus. Unsicherheiten darüber, was nun in und mit der internationalen Staatenwelt, insbesondere den europäischen Ländern geschehen würde. Glücklicherweise hätte sich aus dieser Lage eine europäische Einheit entwickelt, so Sepasgosarian.

„Und Spanien? Ist Spanien ein europäisches Land, so wie Deutschland, Frankreich etc.?" Sepasgosarian führte aus, es hätte immer beide Sichtweisen gegeben: Jene, die Spanien als ein lebensfrohes Land betrachte und jene, nach der es lediglich aus Nonnen, Priestern und Stierkämpfern bestünde, es altbacken und verkrustet sei. Der Beitritt zur EU habe diese Dualität eindeutig zu Gunsten eines progressiveren Verständnisses verschoben. Der spanische Beitritt 1986 sei unter anderem aufgrund des starken Dafürhaltens Helmut Kohls beschlossen worden, führte Sepasgosarian aus und fragte die Schülerinnen und Schüler anschließend, welche Beispiele deutsch-spanischer Beziehungen sie noch kennen. „Franco und Hitler, und die ‚Bombentests' in Guernica, nachdem Hitler Franco unterstützt hatte" antwortete ein Schüler. Sepasgosarian setzte im 16. Jahrhundert ein, als Karl V. gleichzeitig König Spaniens und deutscher Kaiser gewesen sei, eine Doppelrolle die ihn vor konfessionelle Herausforderungen stellte, aber als Verbindung zwischen Spanien und dem damaligen Heilligen Römischen Reich Deutscher Nation wirkte. Ab dem 18. Jahrhundert hätte sich diese Verbindung dann vor allem in einem literarischen Austausch manifestiert: spanische Poeten seien von der deutschen Lyrik beeinflusst worden und spanische Werke fanden wiederum den Weg in deutsche Gebiete. Durch diesen Austausch hätte sich auch der Blick auf Spanien positiv verändert.

Die Weltkriege und die von Grund auf neuen Ordnungen die nach ihren beiden Enden etabliert werden sollten, hätten auch auch das Verhältnis zwischen Deutschland und Spanien beeinflusst. Während die Neutralität Spaniens im Ersten Weltkrieg eine geeignete Grundlage für die darauffolgenden Beziehungen mit der jungen Weimarer Republik dargestellte, sei Spanien nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem Pariastaat , einer gewissermaßen ausgestoßenen Nation, in Europa geworden. Hitler hatte den spanischen Bürgerkrieg begrüßt, unter anderem weil er ihm ein Experimentierfeld für deutsche Waffensysteme und die Ausbildung deutscher Soldaten geboten hatte. Doch während der Faschismus in den anderen Ländern Europas mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ebenfalls ein Ende fand, verhielt es sich in Spanien anders. Franco blieb an der Macht und schaffte es 40 Jahre lang sein Regime aufrecht zu erhalten- auch, so Sepasgosarian, weil ihm seine Haltung als erklärter Antikommunist im Zuge des Kalten Krieges zu Gute gekommen sei. Er setzte auf Industrialisierung als Modernisierungsstrategie und einen massiven Ausbau des Tourismus, um ausländische Devisen einzutreiben.
Ein Sprung ins Jahr 1986: Wie eingangs beschrieben markierte der EU-Beitritt Spaniens einen Wandel für das Land und sein Verhältnis zu den anderen europäischen Staaten. Für Spanien stieß er zudem die eigene Modernisierung mit dem Vorbild der nordeuropäischen Länder an. Helmut Kohl sprach sich im Vorfeld deutlich für die Relevanz des spanischen Beitritts aus: Neben der wichtigen Funktion Spaniens als Brücke zu Lateinamerika, habe das Land immer zu Europa gehört. Die Etablierung der spanischen Demokratie sei nichtsdestotrotz ein umfangreicher Prozess gewesen, bei dem die jungen demokratischen Parteien jedoch auch Unterstützung von deutscher Seite erhalten hätten.
Schlussendlich, so Sepasgosarian, hätten die deutsch-spanischen Beziehungen auch in den folgenden Jahren ihren besonderen Charakter behalten: 1989 sei der spanische Ministerpräsident der einzige der europäischen Regierungsoberhäupter gewesen, der Helmut Kohl in der Nacht des Mauerfalls anrief, um ihn zu beglückwünschen und seine (Vor-)Freude über ein Zusammenwachsen Deutschlands zum Ausdruck zu bringen.

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